Hallo du.
Ich bin Sina, und ich warte auf dich. Ich bin nicht ungeduldig. Das darf alles noch Zeit haben – ich bin ja erst sechzehn – und Liebe ist nichts, was verkrampft gut funktioniert. Ich sollte vielleicht erst mal wissen, wer ich überhaupt bin und was ich so will in meinem Leben, bevor das mit uns beiden was wird. Ich warte einfach nur auf dich und denke ein bisschen über dich nach.
Du bist ein Kämpfer, das weiß ich. Das männliche Herz ist kämpferisch. Ich freu mich schon auf die Schlachten, in die wir beide ziehen werden, denn mit mir wirst du eine Kriegerin an deiner Seite haben, weißt du. Wir beide werden geschlossen nebeneinander stehen, machtvoll, eins.
Ich werde definitiv eine Herausforderung für dich sein. Mit meinem Bedürfnis nach Tiefe, meinen manchmal gegensätzlichen Stimmungen und meinen irgendwie feuerwerk-explosionsartigen Impulsen der Kreativität. Ich glaube, du wirst stabil sein müssen, ein Fels in der Brandung, sonst klappt das nicht.
Wir werden verrückte Dinge miteinander machen. Ich weiß zwar noch nicht, wie du bist, aber ich kenne mich selbst gut genug, um das sagen zu können. Vielleicht werden wir uns mitten in der Nacht spontan ins Auto setzen und ans Meer fahren. Vielleicht kannst du ja Longboard fahren und dann bringst du es mir bei. Ich werde dir Lieder auf der Ukulele schreiben und vielleicht kannst du ja singen. Vielleicht werden wir mal paragleiten oder probieren Bungee jumping aus. Und wahrscheinlich werden ganz ungeplant die besten Momente entstehen. Jedenfalls wird es von uns Geschichten zu erzählen geben. Da bin ich mir ziemlich sicher.
Und ja, ich weiß, dass Beziehungen auch hart sind und Arbeit bedeuten, aber ich werde dann bereit dazu sein, gegen Resignation und Bitterkeit zu kämpfen und auch gegen die anderen Schwierigkeiten, von denen ich jetzt noch keinen Schimmer habe, und ich werde bereit dazu sein, immer wieder neu dich kennenzulernen und zu verstehen und dir zu vergeben. Und du wirst auch bereit dazu sein. Und dann wird das lohnenswert sein.
Und ich sag dir mal was. Der Zeitgeist sagt manchmal komische Sachen über euch Männer, Hauptsache sensibel und verständnisvoll, effektiv und vorhersehbar und harmlos und bloß nicht aggressiv und solchen Kram. Hör nicht drauf. Richte dich nicht danach, sonst will ich dich nicht. Für mich darfst du ruhig wild und ungezähmt sein, mutig und kämpferisch und stark. Du brauchst einen Zugang zu deinem Herz. Erst dann bist du lebendig und in der Lage, irgendetwas zu lieben, zum Beispiel mich. Lass dir diesen Zugang nicht von falschen Idealen und Erwartungen verstopfen. Und bitte töte ihn nicht ab mit Party, Alkohol und fehlgeleiteter Sexualität. Und pass auf, dass sich dort keine Bitterkeit absetzt wie Kalk in einem Wasserrohr, bis es nichts mehr durchlässt. Das Herz in dir drin darf voller Feuer und Energie sein, bewegt werden und schmerzen und freuen und standhalten. Lebendig sein halt.
Das wird gut mit uns zwei, und ich freu mich drauf. Ich hoffe, dir gehts gerade gut und du hast gerade Spaß an deinem Leben.
Ich überlege mir gerade, ob und wann und wie du das hier lesen wirst. Vielleicht kommen wir zusammen und irgendwann zeige ich es dir, und du wirst dich kaputt lachen, wenn du es ließt. Vielleicht wirst du auch in einem dämlichen Ausnahmezustand von Verliebtsein meinen Blog durchforsten und auf das hier stoßen. Vielleicht ließt du das aber auch jetzt schon, heute. Wenn ja, dann musst du dich unbedingt mal als du erkennbar machen, denn dann will ich dich kennen lernen, so richtig, meine ich.
Aber bis dahin bleibe ich hier und warte und denk ab und zu mal über dich nach und hoffe, dass du in der Zwischenzeit ne ordentliche Lebensgeschichte schreibst. Schreib heute ne gute Lebensgeschichte. Ich versuchs auch.
Ich liebe dich – dann irgendwann jedenfalls.
Sina
Du hast den ungezähmten Mann gelesen, hm? :D
Wahnsinn!
Mhm, ich hab den ungezähmten Mann gelesen. :P
Na, wenns euch Jungs gefällt, kann ich ja schon mal gar nicht so viel falsch gemacht haben ^^
Sehr schön! Aber irgendwann wir man feststellen, so eine Liebe ist mehr als nur diese Geschichte zwischen zwei Menschen:-)
Ich finde diesen Liebesbrief traurig und schön zugleich!
Warum findest du den traurig?
Traurig, weil du ihn nie abschicken können wirst.
Er ist irgendwie für keinen und für jeden!
Findest du das nicht traurig?
Hm. Irgendwie nicht. Ich finde das eher spannend und faszinierend, etwas so an alle und keinen zu schreiben, vor allem, wenn ich in ein paar Jahren weiß, wer es dann geworden ist.
Für mich selbst ist das Grundgefühl des Textes etwas träumerisches, selbstreflexives, ein bisschen kritisches und auch humorvolles gewesen. Traurig eigentlich nicht.
Aber du darfst den Text natürlich so nehmen, wie du magst. Wenn er für dich auch einen traurigen Anklang hat, darf das sein!
:-)
Spannend, sich mit dir darüber auszutauschen.
Es kann natürlich sein, dass ich den Brief in meinem Kopf traurig einfärbe, weil es was mit Liebe zu tun hat. Ich bin mir derzeit nicht sicher, ob ich noch daran glauben kann.
Ich finde deine Texte sowieso spannend, auch wenn ich nicht immer etwas dazu zu sagen habe. Der Brief hat mich aber schon irgendwie persönlich berührt. So oder ähnlich hätte ich ihn vor vier Jahren in deinem Alter wohl auch noch unterschrieben.
Ah, okay, das erklärts natürlich.
Danke fürs Feedback!