Abenteurerin.

Frauen sind schön und Männer sind stark. Irgendjemand hat das irgendwann mal so festgelegt, und irgendwie hat er damit auch Recht. Die Männer bekommen damit die Lizenz, zu kämpfen und wild zu sein, abzuhaun in die Natur und auf Abenteuersuche zu gehen – halt zu leben. Und Frauen kriegen damit die Lizenz – für Kosmetikkurse und Kleider, Mädchenabende und Männer verführen. Na toll. Ja, jede Frau will schön sein und das ist ein Wunsch in einer Frau, der nicht zu unterschätzen ist, aber mir fehlt da etwas ganz erhebliches.

Ich will auch wild sein, den Puls und den Atem der Natur fühlen, für etwas kämpfen, Abenteuer erleben. Ich will nicht die Prinzessin im Turm sein, die wartet und wartet und dann gerettet wird und dann in ihre neue Burg kommt. Ganz bestimmt nicht. Ich will raus. Ich will die Ronja sein, die selbst in den Wald geht, ihn erforscht und zu ihrem Reich macht. Erst dort lernt sie Birk kennen. Ja, isso. Ich bin es leid, dass Männer denken, sie wären für den Teil mit dem Kämpfen zuständig, und wir sollen sie dann bejubeln. Ich will auch für etwas kämpfen, und am allerliebsten zusammen.

Ich liebe es, mich an unsere Familienurlaube zu erinnern. Das waren Abenteuer. Eine Woche Kanu fahren auf Seen in Mittelschweden, Seewasser trinken und alles nötige in weißen Plastiktonnen, Zivilisation irgendwo hinter wunderschönen Wäldern und Felsen. In den Bergen wandern, ohne Wege durch Geröllfelder und zu Gipfeln hoch, aus eiskalten Bergbächen trinken, und immer weiter, von einer Hütte zur nächsten, Lebensrhythmus nach Wetter. Segeln im Wattenmeer, aus Versehen bei Windstärke acht auf dem Wasser, nass bis auf die Haut, Ruder führen, Seile belegen, Bojen suchen. Windsurfen, nicht gegen, sondern mit dem Wind arbeiten, Balance und voller Körpereinsatz, Wellen und Wetter meistern. Oder nicht die Familienurlaube, sondern das Sommerlager: Eine Nacht im Wald schlafen mit dem Geruch von Laub in der Nase, kochen auf offenem Feuer, alles wichtige in Wanderrucksäcken, die Toilette ist der nächste Busch und Zähneputzen überbewertet. Wer, und vor allem: welche Frau sagt denn zu so etwas nein, wenn nicht aus dem Grund, dass schlechte Erfahrung oder Angst sie lähmt? Ich behaupte mal, das sind nicht besonders viele. Also ich hoffe es.

Und ich will, dass ich das darf. Dass mir das voll und ganz zugestanden wird. Dass ich in der Rolle der Abenteurerin nicht nur toleriert, sondern vollständig akzeptiert, komplett angenommen und durch und durch erwünscht bin. Ich kann auch Feuer machen, und ich kann kämpfen, und ich kann stark sein, also nehmt mich mit, baut mich ein. Ich will dabei sein.

Lasst mich bitte nicht allein in dieser Welt, in der vorbildlich emanzipierte Frauen in ihren Büros Managerrollen einnehmen und junge Mädchen sich jeden Morgen vor der Schule schminken. Nehmt mich mit, lasst mich raus, lasst mich frei.

Ich will Abenteuer.


2 Kommentare

  1. Hallo Sina,
    stimme Dir voll und ganz zu. Abenteurerin sein heisst auch, nicht warten, los ziehen und es tun. Andere werden folgen. Wichtig ist ja, dass Du Deinen Weg geht. Liebe Grüße, Kerstin


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