Momentaufnahme des ersten Schultages

Mit einer merkwürdigen Gefühlsmischung verlasse ich den Englischraum, halb Zufriedenheit, halb Resignation. Ich muss los in den nächsten Raum, genau ein Stockwerk höher an der selben Stelle. Ein Junge, ich kenne ihn ganz grob aus einem Kurs aus dem letzten Jahr, brabbelt irgendwas von Musik und geht vor mir her die altmodische Wendeltreppe hoch. Nennt man es überhaupt noch Wendeltreppe, wenn sie nicht rund ist?, frage ich mich. Wenn er jetzt auch Musik hat, sind wir im gleichen Kurs. Richtig, er steuert meinen Raum an.

Vor der Tür steht eine Busbekanntschaft von mir mit dem Handy. Ich begrüße sie knapp und gehe in den Raum. Es sind schon etwa neun Leute da, vorne unterhalten sich zwei Mädchen, die ich noch nie gesehen habe. Ich kenne den Raum. Er ist nicht besonders schön. Irgendwie ist er unordentlich und kahl. Mitten in dieser Kahl- und Unordentlichkeit sitzt eine Frau am Lehrerpult, deren Gesicht mich spontan an einen Pfannkuchen erinnert. Noch kann ich sie nicht besonders gut einschätzen, weil sie in ihre Unterlagen vertieft ist. Ich schaue mich um. Ich kenne keinen wirklich. Da sitzt ein Mädchen, dass mit einer guten Freundin von mir befreundet ist, aber ich möchte nicht neben ihr sitzen. Ich finde sie nicht besonders nett. Soll ich mich an einen leeren Tisch setzten? Und wenn ich dann alleine bleibe? Ich drehe mich unentschlossen im Kreis. Schließlich setzte ich mich zu meiner Busbekanntschaft.

Die anderen im Kurs beäuge ich neugierig. Der eine Junge hat einen merkwürdigen Namen. Sein Gesicht kommt mir bekannt vor… Die Lehrerin entpuppt sich als recht entspannt. Ich mag sie ganz gerne, auch mit Pfannkuchengesicht. Bei einem dämlichen Kennenlernspiel begegne ich Vera. Sie ist mir auf Anhieb sympathisch, als sie sagt, dass sie im Musikunterricht auf keinen Fall alleine singen müssen will. Wir lächeln uns an, da sind wir uns einig. Frau Pfannkuchen behauptet, dass ihr Fach ausgerechnet Singen ist. Ich muss sie mir sofort beim singen vorstellen. Heraus kommt ein Graue-Maus-Stimmchen: hoch, brav und nicht herausragend schön. Wie singen eigentlich Pfannkuchen? – Später, bei der Auswertung des Kennenlernspiels, sagen Vera und ich beide, dass auf keinen Fall jemand alleine vorsingen müssen darf, und zwinkern uns zu. Frau Pfannkuchen findet diese Forderung okay.

Beim Herausgehen grinsen Vera und ich uns zufrieden an. Vielleicht wird Vera ja meine Freundin.


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