Du weißt, wo ich bin.

Ein Text, der langsam gelesen am schönsten ist.

Offene Hände sind leere Hände.

Meine Hände sind leer.

So viel, was sie nicht mehr halten können. Was mir entglitten ist. Was ich loslassen musste.

Jetzt bin ich allein.

Jetzt, wo ich so richtig allein bin, spüre ich beides: Die Leere, die alles hinterlassen hat. Und, dass du, Gott, noch da bist.
Dir strecke ich meine Hände hin. Von dir habe ich es genommen. Zu dir gebe ich es wieder zurück. Auch meine Trauer, meinen Schmerz. Du bekommst auch die verbrannte Erde. Wer bin ich, zu beurteilen, was richtig und was falsch war? Ob diese Zeit gut war oder schlecht? Wie es jetzt am besten weiter geht?

Ich habe offene, leere, blutende Hände.

Alles empfange ich von dir. Wer ich bin. Meine Vergangenheit. Meine Zukunft. Alles gut und schlecht, fruchtbar und trocken, allein und gemeinsam empfange ich von dir. Ich bin nicht die, die sagt, wer ich bin. Ich finde mich nicht selbst. Ich finde dich.

Und du weißt schon, wo ich bin.

Wie wird es sein? oder: Hoffen

Texte nach einer Trennung 1/3 – Einige Tage danach

Wie wird es sein, eines Tages, wenn ich in die Augen eines Mannes sehe und mit allem, was ich bin, spüre und sehe und höre, dass er, mit allem was er ist und nicht ist, was er denkt und fühlt und wünscht und plant und hofft – mich will? An seiner Seite will, in seinem Leben will. Weil ich es ihm wert bin und er mich liebt. Weil er einen Weg gegangen ist und geprüft hat und Gott gefragt hat und jetzt weiß: Er hat ein Ja zu mir.

Wie wird es sein, eines Tages, wenn ich mich schenken darf, mich ihm schenken darf, mein Alles – weil er mich ganz will? Wie wird es sein, wenn ich eines Tages mich öffnen darf vor diesem Mann, und es ihm das Kostbarste ist, was ein Mensch ihm schenken könnte? Wenn ich schenken darf und spüre, es ist ihm noch so viel mehr wert als mir, ich bin ihm noch so viel mehr wert, und er sieht mich und will mich und es ist ihm kostbar, ich bin ihm kostbar.

Wie wird es sein, eines Tages, wenn ein Mann mich so zu lieben weiß, dass ich mir dessen von Herzen sicher sein kann? Wie wird es sein, wenn da ein Mann ist, und ich weiß: Sein Ja zählt? Er hat mir ein Ja gegeben und ich brauche keine Angst zu haben, mich nicht verstellen, verstecken, so sehr versuchen, es nicht zu verlieren. Ein Mann, der – so wie ich, mit mir zusammen – lachen kann angesichts der Stürme und Stolperfallen, durch die wir schon gefallen und geirrt sind und durch die wir hindurch gefunden haben, und mit dem ich lache angesichts derer, die gewiss noch kommen, und auf die wir voller Zuversicht zugehen, weil tief in unseren Herzen geschrieben steht: Das ist es wert. Du bist es wert. Komm.

Wie wird es sein, eines Tages, wenn ich gedankenverloren die Hand eines Mannes halte, mit den Fingern darüber fahre – an der Hand eines Mannes bin, der liebt, mir zu sagen, was ich ihm bedeute, der Worte sucht, nur für mich, weil er verstanden hat, wie viel mir das bedeutet? Der sich aufmacht, auf die Suche macht, mir immer noch einmal neu und besser und inniger zu sagen, was er an mir liebt, wie sehr, wer ich in seinen Augen bin, seine Gedanken über mich. Der einfach, weil er weiß, wie gut mir das tut und wie warm und voll die Saiten meiner Seele zu klingen beginnen, wenn er sie mit seinen Worten anschlägt – der einfach, weil er es liebt, zu sehen, wie ich mich dann darüber freue und darin aufblühe – der einfach deswegen niemals damit aufhört.

Wie wird es sein, eines Tages, wenn ein Mann Gott sucht wie ich und vielleicht noch mehr, sich nach Gottes Worten sehnt wie ich und vielleicht noch mehr, und wenn ihm Gottes Worte Frieden und Vertrauen geben wie mir und vielleicht noch mehr? Wenn ein Mann, den ich in Gottes Händen sicher weiß und der mich in Gottes Händen sicher weiß, beschließt, mir seine unperfekte Liebe zu schenken, selbst zu lernen und Geduld mit meinem Lernen zu haben, mich um Vergebung zu bitten und mir zu vergeben, und der mein Herz sieht, das das alles will und sich ihm schenken will, und der Ja dazu sagt?

Wie wird es sein?

Momentan sind da Scherben, über die ich noch hinübersteigen muss, um weiterzugehen. Ich weiß, irgendwann werde ich zurückblicken und sehen, dass diese Scherben Pflastersteine meines Weges geworden sind.

Da ist ein Mädchen in mir, eine Frau in mir, die in einem wunderschönen Sommerkleid im Licht der Abendsonne einen Kuss mit einem Mann teilen will, von dem sie sagen kann: Ich bin meines Geliebten und sein Verlangen steht nach mir. Liebe ist sein Banner über mir. Ich habe sein Herz geraubt mit nur einem Blick aus meinen Augen.*

Diese Frau bin ich. Wie wird es sein?, frage ich mich. Wird es sein? Die Scherben, der Weg vor mir. Wird es sein?

Ich lebe hin, hoffe hin auf dieses Ja, und hoffe zu wissen und versuche zu lernen, dass es dieses Ja zu mir und diese Liebe für mich gibt, selbst wenn da niemals ein Mann kommt, der sie mir schenkt. Weil sie mir schon geschenkt ist.

Ja, ich darf fragen: Wie wird es sein? Und noch tiefer darf ich wissen: Es ist schon.

___
* aus dem Hohelied in der Bibel

Es ist nicht okay

Texte aus einer schweren Zeit 2/4

Auf einer Trauerfeier vor ein paar Tagen wurde ein Lied gesungen, in dessen Bridge der Satz „Things are not okay right now“ einige Male wiederholt wurde und das hat so gut getan. Auch vorher schon kam es im Lied vor: „Things as they are are not okay“. Irgendwas daran, das auszusprechen, auszusingen, war befreiend. Warum?, habe ich mich gefragt. Warum tut das gut?

Die Hände, die mein Herz geformt haben, waren gut.
Der Ort, an dem mein Herz geformt wurde, war gut.
Die Welt, in der dieses Herz jetzt lebt, ist nicht gut
und ich bin nicht für hier gemacht.

Ich bin gemacht für einen anderen Ort. Jedes Menschenherz ist gemacht für einen anderen Ort. In uns ist die Sehnsucht nach einer guten, heilen und gerechten Welt. Die Welt war mal so. Seit Adam, Eva und der Schlange ist sie nicht mehr so.

Und das ist nicht okay.

Mein Herz, das – seit es Gott kennen gelernt hat und das erste Mal einen Hauch Himmelsluft riechen durfte – so oft Heimweh nach dem Himmel hat, es weiß, was richtig und gut ist und was nicht. Mein Herz, das für Wahrheit gemacht ist, es muss es endlich mal aussprechen dürfen:

Es ist nicht okay.
Es ist nicht okay, dass Menschen sterben.
Es ist nicht okay, dass Menschen immer wieder krank werden.
Es ist nicht okay, dass ein Mensch einen anderen verletzt.
Es ist nicht okay, dass Beziehungen und damit auch Herzen zerbrechen.
Es ist. Nicht. Okay.

Mein Herz muss es aussprechen dürfen, weil all dies Dinge sind, die mein Herz an einen sehr finsteren Ort gebracht haben. Viele Worte sind bis an diesen Ort gekommen, um meinem Herz zu raten, und einige Stimmen davon sagten:

Du musst akzeptieren. Du musst vergeben. Du musst loslassen. Du musst weitergehen.

Ich weiß, dass das stimmt. Aber vor dem allem fehlt noch etwas: Vorher muss Licht ins Dunkel. Vorher muss ich Wahrheit aussprechen. Vorher darf, nein, muss mein Herz sich erheben und sagen:

Nein, ich bin nicht Gott, aber ich kenne ihn. Nein, ich war nicht im Himmel, aber ich habe eine Ahnung von ihm. Und weil ich diesen guten Gott kenne und von diesem guten Ort eine Ahnung habe, deswegen darf ich sagen: So, wie es gerade ist, ist es nicht okay. Es ist nicht so, wie es sein soll. Alles was wahr, gerecht und gut ist, kann das nicht akzeptieren.

Und weil ich die Bibel bis zum Ende gelesen habe, weiß ich auch, dass es so, wie es ist, nicht dauerhaft akzeptiert werden wird.

Erst darin ist Frieden. Ist Zuflucht. Es wird nicht immer so sein, aber hier auf dieser Erde, hier ist es so. Deswegen beginne ich, es zu akzeptieren. Bald werde ich vergeben können. Bald werde ich loslassen können. Bald werde ich weitergehen können. Und dann wird es für mich okay sein.

Alle Texte aus einer schweren Zeit

Genug

Heute habe ich über mich gedacht:

Bin ich gut genug? Ist das, was ich bringen kann, wer ich bin, gut so? So viel ist da falsch in mir, kaputt in mir, und ich selbst kann das nicht reparieren. Ich weiß nicht, wie das geht.

Heute bin ich unterwegs gewesen. Ich habe einen vertrockneten Bach gesehen, bin zwischen Windrädern spazieren gegangen, war später nachts noch draußen in der Dunkelheit. Worte, Worte mit Menschen, und ich bin nicht mehr einfach nur ich, sondern ein Gegenüber, habe ein Gegenüber, und wer immer ich bin, was immer ich tue, das bleibt nicht bei mir. Das macht etwas mit dem Menschen, mit dem ich unterwegs bin. Das baut auf oder zieht hinunter.

Ich stehe nicht für mich alleine. Ich bin Teil von etwas.

Heute habe ich über mich nachgedacht, und heute wusste ich:

Nein, genug bin ich nicht. Nicht genug, um nicht zu verletzen. Um es alles richtig zu machen. Das kann ich nicht.

Aber ich bin genug. Denn ich weiß, dass ich schwach bin. Ich weiß, dass ich Dinge falsch mache. Ich weiß, wie man um Vergebung fragt und selbst vergibt. Ich kann mein Bestes geben. Ich weiß, wer ich bin und was ich gut kann – so einigermaßen zumindest. Ich kenne den Ort für alle meine Sorgen und alle meine Angst, weiß zu wem ich die Scherben bringen muss, wenn etwas kaputt gegangen ist.

Ich bin genug, denn Jesus hat mir genug gegeben und gibt mir jeden Tag neu genug. Er ist genug. Darum bin ich es.

Unter Flügeln

(Begonnen am 21. November 2015, heute wiedergefunden und vollendet)

Riesige Vögel fliegen vor der Sonne, Scharen von ihnen, und lassen kaum noch Licht hindurch. Es wird dunkel.

Im Dunklen sitze ich. Ich sitze allein. Ich sitze und alles zieht an mir vorbei wie Vögel, wie Vögel, die auf mich zurasen und von mir wegrasen und deren Flügelschlag mich berührt. Noch immer sitze ich. Tage werden zu Wochen und Wochen zu Monaten. Dunkel. Allein.

Dunkel und allein klingt schlimm. Ist es aber gar nicht. Ich habe es immer geliebt, nachts draußen zu sein, besonders mit nur wenigen Leuten oder alleine. Nicht gesehen werden birgt eine ganz besondere Geborgenheit, und allein sein eine ganz besondere Freiheit.

Dunkel und allein ist nicht schlimm, aber es konfrontiert einen mit sich selbst. Im Dunklen, wo man nicht viel sieht, ist man auf einmal mehr bei sich. Alleine, wo kein anderer einen definieren kann, man nicht Teil der Welt eines anderen ist, da sieht man seine eigene Welt. Das ist manchmal schwer.

Vögel fliegen vor der Sonne, große, in Scharen, und sie sind gekommen und werden wieder gehen. Ich sitze da, sitze allein im Dunklen. Mich selbst werde ich immer bei mir haben. Meinen Blick nach innen gerichtet entdecke ich, was ich nie kannte. Im Schatten entdecke ich Schönheit.

Vielleicht ist es auch gar nicht der böse Schatten etwas Bedrohlichen, in dem ich gerade bin, sondern der behutsame Schatten schützender, weicher Schwingen eines so viel größeren Gottes. Und vielleicht ist die geheimnisvolle Schönheit, die meine Augen da erkennen lernen, seine.

Die eigentliche Frage

(So, jetzt mal an den Kern der Dinge.)

Die Frage ist, was mit deinem Herz ist.

Die Frage ist nicht, warum die Kirche so viel Mist baut. Die Frage ist auch nicht, warum es Leid gibt auf der Welt. Die Frage ist nicht, warum manche Christen kontroverse Meinungen zu Homosexualität haben oder ob Gott die Welt gemacht hat. Oder ob sich Wissenschaft und Gott ausschließen. Wie das mit den Strafen Gottes und seine Liebe bitte mal funktionieren soll.

Das sind gar nicht die entscheidenden Fragen. Darüber kann man diskutieren, sich einig sein oder auch nicht, und auch ich habe zu all dem eine Meinung, aber im Endeffekt ist es nicht das wesentliche.

Entscheidend ist, was dein Herz dazu sagt.

Du kannst dein Herz verschließen, und sagen: „Das kann nicht sein und ich werde das nicht für mich akzeptieren, solange es noch andere Wege gibt.“ Kannst du machen. Dann wird dich nie eine Diskussion überzeugen und dich schwerlich irgendwas bewegen. Du wirst immer eine unbeantwortete Frage finden und einen Grund, den Glauben abzulehnen. Wenn du dein Herz verschließt, wird das so sein.

Du kannst dein Herz aber auch öffnen. Du kannst trotz allen Fragen und Unklarheiten sagen: „Gott, wenn ich dich gibt, und das nehme ich für jetzt gerade einfach mal an, dann zeig dich mir bitte so, dass ich dich verstehe, und erklär mir alle diese Sachen. Ich suche jetzt nach dir.“ Und dann kannst du mit dieser Einstellung weiterfragen, nach Gott Ausschau halten. Kann gut sein, dass du dann bewegt wirst, Gott auf einmal die unablehnbare Wahrheit wird. Dann kann dich keine Diskussion mehr verunsichern und du entdeckst neue Welten.

Die Frage ist nicht, warum etwas so ist oder ob oder wie, sondern ob du dein Herz öffnest.

Jap, es ist ein Risiko, und es gibt Stimmen, die sagen, du seist bekloppt.

Die Frage ist nur, ob du dich von diesen Stimmen leiten lässt.

Wie steht es um dein Herz?
Und wann ist die Zeit, es (wieder neu) zu öffnen, wenn nicht jetzt?

Wenn ich gehe

(Ein kurzer Gedanke vom 12. Januar 2014.)

Wenn ich gehe, hältst du mich im Gleichgewicht. Du balancierst mich aus, bereitest den Weg vor. Ich brauche mich vor nichts zu fürchten, denn du gehst vor mir her und bereitest alles für mich vor. Egal, was passiert, ich kann dir vertrauen, denn du meinst es uneingeschränkt gut mit mir. Furchtlos und sicher gehe ich voran, denn ich habe Autorität.