Fußballfieber Edition 60+

„Ich habe in letzter Zeit Fußball für mich entdeckt“, vertraut mir Oma mit wichtiger Stimme an.
„Fußball?“, wiederhole ich zum Amüsement interessiert.
„Ja, Fußball. Ich finde, es ist gut zur Unterhaltung. Da quatscht mir keiner son Blödsinn ins Ohr.“
„Naja, da quatscht schon einer Blödsinn, und zwar nicht zu wenig…“, gebe ich zu bedenken.
„Na, aber den kann man ja ausschalten!“, triumphiert sie.
Ausgefuchst, meine Oma.

„Nein, und schon wieder daneben! Ohh“, höre ich kurz darauf eine mitgerissene Stimme aus dem Wohnzimmer, während ich in der Küche noch das Geschirr vom Abendessen abtrockne. Mir das Lachen verkneifend linse ich aus der Küchentür. Gerade tritt mein Opa hinzu und fragt meine Oma: „Wer denn? Der HSV?“

„Na die Roten!“ Pause. Leiser: „Wer war das jetzt nochmal?“ Pause. Dann wieder voll drin: „Aber sie hatten drei gute Chancen und alle vorbei!“

Ein kleiner Ausbruch

Ich stehe mit Lea, einem Mädchen aus meiner Stufe, in der Schlange vor den Schulklos. Lea gehört zu den schüchternsten Mädchen, die ich kenne. Wenn man sich mit ihr unterhält, wirkt sie oft befangen. Trotzdem hat sie eine schöne, irgendwie … reine Ausstrahlung. Na ja, jedenfalls stehen wir so da und sehen uns in den Spiegeln gegenüber an.

Eine Weile sagt keiner von uns beiden was. Unsere Spiegelbilder mustern uns kritisch. Dann platzt es plötzlich ganz unvermittelt aus ihr raus.

„Ich will nicht die Pille nehmen wegen meiner Haut.“

Ein bisschen überrumpelt fühle ich mich schon, aber zum Glück schalte ich ausnahmsweise mal ziemlich schnell.

„Das wurde mir auch schon mal empfohlen. Ich machs auch nicht.“

Sie nickt. „Ich meine, ich will doch keine Hormone nehmen wegen meiner Haut oder so. Jeden Tag.“

„Nee. Finde ich auch Quatsch. Und ganz ehrlich: Wir habens beide auch nicht wirklich nötig, oder?“

„Nee.“

Sie lächelt mich zufrieden mit der Unterhaltung an, die Schlange rückt weiter und eine Sekunde später ist der Moment und das Gespräch vorbei.

Ein winzig kleiner, verbaler Ausbruch in der Schlange vor den Schulklos, sonst nichts. Und doch: Es war ihr wichtig, das loszuwerden, das zu teilen, und ich habe ihr zugehört. Dieser Moment hat einen Unterschied gemacht.

Die Sache mit der Geduld

Ich kann geduldig sein. Oft macht es mir nichts aus, länger auf ein Paket zu warten, ne Schulstunde auszusitzen oder ne halbe Stunde auf den Bus zu warten. Aber bei manchen Dingen – grrr …

Diese kleine Lücke, die so einige Menschen beim Reden machen. Ich sag was, und dann kommt erst mal nen Moment nichts, bis sie antworten. Selbst wenn es ganz simple Fragen sind. Wozu braucht ihr diese Lücke, Menschen? Klar, bei schwierigen Diskussionen oder Terminfragen muss man mal überlegen, aber bei ganz normalen Konversationen? Denkt ihr mechanisch oder was? Das kann doch nicht so schwer sein, ganz normal zu antworten! Ein Gespräch zu führen, ohne Pinkelpausen nach jedem Satz zu machen! Maaan.

Oder wenn Leute sich einfach dumm ausdrücken. Wenn ich sage, dass ich nach der sechsten Stunde aus habe und du feststellst, dass du noch länger hast, und dann sagst, dass ich gemein bin, dann ist das einfach nur dumm. Das hat mit Gemeinheit überhaupt nichts zu tun! Aber mal so gar nicht. Ich bin nicht gemein und das Leben ist auch nicht gemein. Ich weiß, dass du nur sagen willst, dass du auch gern jetzt schon aus hättest, aber warum musst du das so beschränkt ausdrücken?

Dann gibts da zum Beispiel noch diese Art von Reaktionen, bei denen du auch genauso gut ein Selbstgespräch führen könntest, nur dass das nicht so anstrengend ist. „Und dann ist mir das und das passiert, das hat mich total aufgeregt.“ „Ja, das ist ärgerlich.“ Ach so, ärgerlich ist das, ach wirklich? Ja nee, gut dass mir das nicht sowieso klar war. Danke für diese scharfsinnige Erkenntnis. „Mein Hund ist tot.“ „Wie traurig.“ Wow, ich bin stolz auf dich, dass du das bemerkt hast. Ja, solche Reaktionen gehören zu normalen Gesprächen dazu, aber nur mit so etwas kann man sich doch nicht unterhalten! Ich brauch Content, Leute!

Argh, da werd ich ungeduldig! Boah, wie mich solche Dinge manchmal aufregen! Schrecklich. Ich bin was Sprache und Kommunikation angeht recht gut, und wenn ich dann mit jemandem zusammen treffe, der da eher eine Schwäche hat, ist das garstig für mich. Das sind meine Geduldsproben, und ich hasse sie.

Menschen reden

Eine Notiz, die ich auf einem Geburtstag vor einigen Monaten mit Kulli auf eine Servierte gekritzelt habe.

Menschen reden
Viel, denn sie haben kein Ziel
in alle Richtungen
voneinander weg,
doch erreichen das selbe.
Nämlich das Sinnlose.

Freistundengespräch

(Anmerkung: Dieses Gespräch hat sich in einer Freistunde vor den Ferien fast genau so zugetragen. „Sie“ ist eine 16-jährige Bekannte von mir, mit der ich einige Kurse habe.)

Sie: „Boah, ich hab letztens meinen Ex-Freund in der Stadt gesehen. Wie der aussieht! Bin ich eigentlich die ganze Beziehung lang besoffen gewesen?!“
Ich: „Wie lange wart ihr denn zusammen?“
Sie: „Acht Monate. Und er hat nach zwei Wochen angefangen, mich zu betrügen! Ich hab ihm anscheinend nicht das gegeben, was er wollte. Hat er halt Pech gehabt.“
Ich: „Krass. Seit wann weißt du, dass er fremdgeht?“
Sie: „Das haben mir alle schon die ganze Zeit gesagt. – Letztens hab ich rausgefunden, dass er schon in unser Beziehung mit Drogen angefangen hat. Der Kerl ist so eine Katastrophe.“

5 Minuten Gespräch über irgendeine Belanglosigkeit später.

Sie: „Und damals hab ich mich dann ja auch mit meiner besten Freundin zerstritten. Weißt du überhaupt, wie das passiert ist?“
Ich: „Nö.“
Sie: „Alex* hatte sich gerade getrennt und meine Ex-beste Freundin hatte es halt voll auf den abgesehen. Die kann aber gar nicht flirten und wollte ihm Zeit lassen. Die ist sowieso die Jungfrau schlechthin, hahaha! Und als ich dann mit ihm geschlafen habe, ist sie voll ausgerastet. Pff. Ich weiß gar nicht, was ich falsch gemacht habe! Er war doch nicht vergeben?! Aber ist mir auch egal. Ich wusste eh, dass sie ne Bitch is. Und ihr Jungengeschmack ist auch voll verirrt.“

Ahhh! Kann mich bitte irgendjemand sofort hier raus holen?

Und vor allem: Kann bitte irgendjemand sie sofort da raus holen?

___
*Name geändert

Der Mensch hinter deinem Gesicht

Du sitzt da und redest mit mir, erzählst mir irgendetwas von Klischees über Männer und Frauen und die Männlichkeit von gesunder Ernährung. Du redest mit mir, und ich frage mich, wer diese Person eigentlich ist, mit der ich da spreche. Was hinter deinen Worten steckt. Was hinter deinen Bewegungen steckt. Was hinter deiner Mimik steckt. Was hinter deiner Stirn steckt.

Ich kenne dich kaum, verglichen mit dem, was es da alles zu kennen gibt. Wie viele Dinge tut der Mensch an einem Tag? Wie viele Dinge lässt er? Wie viele Gefühle hat der Mensch an einem Tag? Wie viele Gedanken? Wie viele Themen geistern dem Menschen an einem Tag im Kopf herum? Wie viele Ideen? Ängste? Freunden? Fantasien? Aus wie vielen Motiven handelt der Mensch an einem Tag? Aus wie vielen Überzeugungen? An einem einzigen Tag? Heute? Und wie ist das mit einer Woche? Einem Monat? Einem Jahr? Einem Lebensabschnitt?

Ich weiß nichts von dir. Du redest mit mir und ich weiß nichts. Dein Gesicht ist schön, doch ich habe keine Ahnung, wie der Mensch dahinter aussieht.

Von wem weiß ich überhaupt etwas? Wen kenne ich? – Gibt es da überhaupt jemanden? Bei einigen Menschen streife ich einen Bruchteil dessen, was sie sind, doch selbst diejenigen, die ich am besten kenne, sind so viel größer als alles, was ich je sehen könnte.

Wie könnte ein Mensch je behaupten, einen anderen zu verstehen?
Wie könnte es ein Mensch je wagen, einen anderen zu beurteilen?
Wie könnte sich ein Mensch je über einen anderen Menschen stellen?

Du redest mit mir und das alles, was du sagst und was du bist, ist nicht so simpel wie es klingt. Du bist nicht so unscheinbar, wie du immer tust. Du bist so viel mehr als das, was ich weiß. Da gibt es so viel mehr, was man nachvollziehen könnte.

Aber ich verstehe ja nicht mal mich selbst.

Komplimente, Komplimente

Eine Frau ist im Stande, zwei Tage lang von nichts anderem zu leben als von einem hübschen Kompliment.

– Michèle Morgan

Und weil das so ist und ein bisschen (wie viel eigentlich? Sagt mal!) auch für Männer gilt: Know-How zu Komplimenten.

Teil 1: Komplimente machen

Ich höre Menschen gerne zu, und dabei sind mir so ein paar Sachen aufgefallen, die man einfach vermeiden sollte, wenn man Komplimente macht. Und es sind mir Sachen aufgefallen, die total gut kommen. Also.

  1. Machen! Einfach machen. Alles, was nach diesem Punkt kommt, sind Tipps, aber dieser Punkt ist eine Regel.
  2. Nicht relativieren! Wörter wie „eigentlich“, „ziemlich“, „ganz“, „schon“, „recht“, „manchmal“ und „meistens“ haben in Komplimenten (außer in Ausnahmefällen) nichts zu suchen! „Du bist hübsch!“ kommt ganz anders an als „Eigentlich bist du schon meistens recht hübsch.“ Das nette Wort „meistens“ ist dabei eine ganz besondere Falle. Vergleiche mal folgende Sätze: „Ich fühl mich wohl bei dir“ und „Ich fühl mich meistens wohl bei dir“. Hinter dem zweiten Satz lauert unmittelbar das „ABER manchmal …“
  3. Menschen Komplimente ins Gesicht sagen. Ich saß im Bus, er und sie haben sich verabschiedet, sie setzt sich neben mich und bekommt die SMS mit Komplimenten, die er ihr auch schon vorher hätte sagen können. Klar, Komplimente sind auch über SMS gut, vor allem, weil man sie dann tausendmal lesen kann, aber es ist auch wichtig, so etwas ab und zu einfach mal auszusprechen.
  4. Seid ehrlich. Nicht schleimen! Und mach keine Komplimente, um Komplimente zu bekommen. Das geht gaaar nicht.
  5. Es gibt Menschen, die behaupten, dass man für Äußerlichkeiten keine Komplimente machen soll. Ich finde, das ist genau umgekehrt! Gerade Frauen müssen manchmal einfach wissen, dass sie schön sind. Manchmal? Oft. Allerdings sollte man unbedingt vermeiden, einer Frau Komplimente für ihre Brüste oder ihren Po zu machen, wenn man nicht ihr fester Freund oder ihr Mann ist. ;-)

Teil 2: Komplimente bekommen

Eine Kunst für sich.

  1. Annehmen! Genieße sie. Nicht widersprechen, nicht diskutieren, nicht herunterspielen, nicht abnicken, nicht vergessen. Als wirklich, wirklich wahr annehmen und in deinem Herzen aufbewahren (und eventuell auch aufschreiben.) Wenn du das noch nicht kannst, dann merk dir als Zwischenstufe wenigstens, dass andere dich so sehen. Und dann lerne, Wahrheit zu erkennen in den Komplimenten, die du bekommst. Du bist die Komplimente so wert und es tut dir so gut, welche zu bekommen. Es gibt dir Freude und Dankbarkeit und im übrigen noch eine tolle Ausstrahlung. ;-)
  2. Nicht jedes Kompliment muss mit einem Kompliment beantwortet werden. Klar ist es schön, aber da muss man aufpassen, dass man ehrlich bleibt und dass es nicht in eine Art „Komplimentehandel“ übergeht. Und es hat auch nicht die selbe Wirkung wie ein Kompliment, dass einfach so kommt. Ein einfaches „Danke“ reicht oft aus.
  3. Nimm Komplimente an.
  4. Nimm sie an!
  5. Im Ernst jetzt! NIMM SIE AN!!!

So. Und jetzt: Viel Spaß beim Komplimente machen! :-)