Ich stehe auf der Bühne und warte.
Das Scheinwerferlicht blendet mich. Ich sehe eigentlich nichts jenseits der Bühnenkante. Ob da jemand sitzt oder nicht, weiß ich nicht. Vielleicht warten dort gespannte Menschen und vielleicht ein leerer Raum. Da steht ein Mikro. Und da stehe ich. Da stehe ich und frage mich, ob ich etwas sagen soll. Was ich sagen soll. Ob ich etwas sagen möchte.
Ist schon komisch. Je älter ich werde, desto weniger möchte ich sagen. Desto weniger möchte ich teilen. Ich frage mich, woran das liegt. Früher habe ich noch häufig in dieses Mikrophon gesprochen. Früher waren auch auf jeden Fall Leute auf der anderen Seite der Bühne. Jetzt habe ich schon länger nichts gesagt und ich weiß nicht, ob noch jemand da ist.
Es ist gemütlich geworden, hier, so in mir drin. Ich will gar nicht mehr so oft hier raus. Viele Gedanken fühlen sich in meinem Kopf wohler als vom Mikrophon verstärkt. Bei vielem will ich gar nicht mehr, dass andere es wissen. Es ist irgendwie auch leichter, nicht angeschaut zu werden. Je weniger angeschaut, desto weniger bewertet. Bin ich unsicherer geworden? Eigentlich nicht. Was ist es dann, dieses Gefühl, das ich habe, das mich hindert, nach vorne zu treten und zu sprechen?
Vielleicht bin ich ja auch ein bisschen verletzt. Verletzt von Leuten, denen ich mich geöffnet habe und die sich mir nicht geöffnet habe. Vielleicht mag ich ja deswegen weniger teilen, weil ich nicht mehr mit Menschen teilen mag, die nicht zurückteilen. Ich sehe ja nicht, wer hört, würde ich sprechen.
Aber wahrscheinlich würde es das überdramatisieren. Kann auch sein, dass ich mich selbst und meine Gedanken einfach nicht mehr so beeindruckend finde wie früher. Und was Bedeutungsloses will ich ja auch nicht sagen. Ist es das?
Irgendwas ist da, ein Gefühl, und ich kann es nicht ganz greifen…
Und so stehe ich hier, blinzle ins Scheinwerferlicht und hänge meinen Grübeleien nach, während im Publikum vielleicht Leute bleiben, vielleicht Leute gehen, vielleicht schon gar niemand mehr da ist.