Der Mann mit dem Buch über sich selbst

Im Bus saß ein Mann, der ein Buch über sich selbst las. Zumindest war er der Mann auf dem Cover. Wenn er es nicht war, dann war es zumindest sein eineiiger Zwilling. Oder sein Klon.

Er sah dem Mann auf dem Cover des Buches auf jeden Fall zum Verwechseln ähnlich. Und er las das Buch sehr interessiert. Ich weiß nicht, warum er das gelesen hat. Vielleicht will er das Buch veröffentlichen und er hat es ein letztes Mal gegengelesen, bevor es in den Druck geht. Oder jemand hat heimlich eine Biographie über ihn geschrieben, die er dann zufällig in einem Buchladen gesehen hat. Oder er findet sich einfach geil und ließt sein Buch jetzt einfach selbst – zum achten Mal. Weil es kein anderer ließt.

Jedenfalls hat der Mann ein Buch über sich selbst gelesen – und ich hab ihn dabei erwischt.

… dachte ich zumindest. Als er das Buch kurz vorm Aussteigen eingepackt hat, habe ich feststellen müssen, dass er doch nicht so ganz genau aussah wie der Mann auf dem Cover. Aber das verdränge ich jetzt einfach mal. Weil ich die Vorstellung zu gut finde – ein Mann, der im Bus ein Buch über sich selbst ließt. Ich feier das.

Die Sina wächst nicht schneller, wenn man an ihr zieht.

Ach, wisst ihr was?

Ihr könnt mich alle mal mit eurem Erwachsenen-Scheiß und euren Erwartungen.

Ich spreche zu euch und noch viel mehr zu mir selbst.

Ich bin 16, verdammt noch mal, 16. Das ist doppelt so alt wie 8 und halb so alt wie 32. Die 18 ist noch weit weg. Ich bin jugendlich, zwischen Kind und erwachsen und davon frei. Ich will das zelebrieren, feiern, genießen.

Ich werde nicht vernünftig sein, denn das ist doch auch nur ein Synonym für „unschädlich“. Ich werde meine Fehler zelebrieren, denn sie sind Teil meines Wachstums und Zeichen meines Mutes. Ich werde mich nicht in eure Absicherungsstrategien und Zukunftsplanereien verstricken lassen, denn das hab ich nicht nötig.

Auch wenn ihr noch so sehr meine Reife lobt, macht mich das doch keinen Tag älter als ich bin. Ich bleibe 16, denn sowohl das Gras als auch die Sina wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Ich passe mit meiner Mischung aus Reife und Jugend, aus Weisheit und Leichtsinn nicht in euer Schema – na und?

Mich gibts nur so, wie ich jetzt bin, Pech gehabt!
Mich gibts nur mit 16 Jahren, leichtsinnig und wild, mit Fehlern und Fehlern und stur, unvernünftig und frei. Und vollkommen richtig so. Hier bin ich, und ich tanze euch auf der Nase herum.

Es macht keinen Sinn, das nicht zu akzeptieren. Ihr braucht mich nicht wie eine ältere Person behandeln. Ihr werdet mich nicht dazu kriegen, so zu denken wie ihr. Ihr könnt mich nicht verändern.

Es ist nicht einmal das Ziel, erwachsen zu werden.

Ich streife die Ketten eurer Erwartungen und meines Selbstbildes ab und bin frei.
Ich habe die Macht, gnädig mit mir zu sein.
Ich habe den Mut, jung und wild zu sein.
Ich habe das Recht, die bedrückenden Lasten der Verantwortung zurückzuweisen und nur zu tragen, was mich nicht beschwert.

Ob es gefällt oder nicht, ob verstanden oder nicht.

Hier bin ich – guten Tag.

Meine große Schwester

Jetzt mal so ganz in echt habe ich keine große Schwester. An „groß“ habe ich nur einen Bruder und an „Schwester“ nur eine kleine, und das komplette Gegenteil, also den kleinen Bruder, hab ich auch noch. Also praktisch alles außer die große Schwester. Ich hätte sie oft gern gehabt. Seit einiger Zeit spinne ich Geschichten über sie. Es sind „Was-wäre-wenn“-Geschichten. Es sind Dinge, die ich gern mal so erleben würde. Es sind Begebenheiten, die besser nie passieren sollten. Manchmal absurd, manchmal liebevoll, manchmal sehr schwarz. Vor allem aber sind die Fiktion. Wenn ihr also einen Text auf meinem Blog lest und irgendwo kommt meine große Schwester vor, wisst ihr sofort: „Aha, Sina spinnt sich was zusammen. Entweder ändert sie die Realität ab oder es ist total erfunden.“ So einfach ist das. Los gehts.
Ach, Moment, noch was: Meine große Schwester hat nicht so wirklich einen festen Charakter. Bemüht euch also gar nicht erst, die unterschiedlichen Geschichten und Charaktereigenschaften unter einen Hut zu bringen. Sie ist einfach nur Projektionsfläche meiner Fantasie.

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„Wenn du die Jacke wirklich nimmst, dann geh ich nie wieder mit dir zusammen einkaufen“, kommentiert meine große Schwester, als ich aus der Umkleidekabine komme. Ich schmolle, obwohl sie Recht hat. Ich bin zwölf und mein Sinn für Farben ist so empfindlich wie unzuverlässig. Mal treiben mich kleine Disharmonien in den Wahnsinn und mal bemerke ich die grässlichsten Kombinationen nicht.

„Nimm das hier“, sagt meine große Schwester und hält mir einen karierten Pulli in Übergröße hin.
„Spinnst du?“
Sie lacht. „Vielleicht. Zieh an.“
Mit gerunzelter Stirn gehorche ich ihr. Er reicht mir bis zur Mitte der Oberschenkel. Meinem Opa würde er wahrscheinlich besser stehen. Er ist potthässlich. Ich verberge meine echte Meinung hinter einem kühlem, analytischen Blick in den Spiegel.
„Ich finde, du solltest den nehmen.“ Meine große Schwester schaut mich herausfordernd an. Sie will mich provozieren. Ich muss in mich hineingrinsen. Dieses Spiel kann ich auch.
„Jap, ich finde den auch gut“, antworte ich und drehe mich einmal im Kreis. „Hast du dich eigentlich schon entschieden?“
„Ich glaub, ich nehme die grüne Jacke.“
„Niemals. Ich hab da vorhin noch etwas viel besseres gesehen.“ Ich sprinte los und halte ihr ein gelb gepunktetes Shirt hin, das einen Rückenausschnitt bis zur Hüfte hat. Meine Schwester ist zu cool, um sich aus der Fassung bringen zu lassen.
„Komisch, dass mir das vorher nicht aufgefallen ist. Ich hätte es sofort genommen.“ Das klingt so ehrlich, dass ich kurz stutze. Sie grinst spöttisch, als sie es bemerkt. Kurz darauf sieht sie in etwa genauso lächerlich aus wie ich.
„Mhm“, meint sie anerkennend zu ihrem Spiegelbild. Als ich Anstalten mache, meinen Pulli wieder loszuwerden, hält sie meine Hände fest. „Oh nein, da fehlt noch was an deinem Outfit. Ich hab da vorne diese rote 7/8tel-Hose gesehen…“

Zehn Minuten später sind wir nicht mehr wiederzuerkennen. Die scheußlichsten Produkte des Kaufhauses haben sich in unserem Erscheinungsbild vereint. Jetzt geht es um die Frage, ob wir es wirklich endgültig durchziehen und den Kram kaufen.

„So, hast du alles, was du brauchst?“, sagt meine Schwester, und nichts an ihrer Mine verrät, wie ernst sie es meint. „Ich denke schon“, stammle ich. Der ganze Spaß von vorher ist in Unbehagen umgeschlagen. Das ist Mamas Geld, und ich werde das nie anziehen. Sollen wir das wirklich machen?

„Hi, Sina! – Oh.“ Ich drehe mich um. Ein Mädchen aus meine Klasse. Ich werde knallrot und würde am liebsten im Boden versinken. „Hi“, quetsche ich hervor. Heißer Scham durchschießt mich. Wenn sie das jetzt rum erzählt, und – und dann denken alle sonst was über mich …
Meine große Schwester blickt kurz in den Spiegel, und erst da scheint ihr aufzugehen, wie wir wahrscheinlich gerade auf andere wirken. Doch sie hat weit mehr Selbstbewusstsein als ich. Sie wirft mir einen Blick vor, der mir sagt, dass sie irgendetwas ausheckt. Richtig schelmisch wirkt sie. Sie wendet sich meiner Klassenkameraden zu, mustert sie kurz und sagt dann verschwörerisch und sehr bestimmt:

„Na, du sucht wohl auch ein kleines come-up, was? Kein Ding, das haben wir gleich. Ich hab da vorne was gesehen, das würde genau zu deinen Haaren passen…“

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Mehr meine große Schwester

12 Gründe für einen Mädchensporkurs

mit Schwerpunkt Ballsportarten

  1. Endlich spielen, ohne diesen übertriebenen Wettbewerbsgeist der Jungs drinzuhaben. Endlich nicht bei jedem Fehler angemault werden und endlich nicht mehr so unglaublich viele Fouls oder Beinahe-Fouls, nur um zu gewinnen.
  2. Mehr gemeinsam, mehr team play, mehr fair play, mehr Spaß.
  3. Nicht mehr diese meist nur semi-erfolgreichen Versuche der Lehrer, die Geschlechterunterschiede zu händeln und die Mädchen nicht zu kurz kommen zu lassen.
  4. Vernünftigere Bewertungsmaßstäbe.
  5. Keine Jungs, die dir unter deine Kleidung gucken wollen und fast durchgehend weibliche Körper begaffen und analysieren. Mädchen sein, ohne auf diese Weise beobachtet zu werden. Nicht schlimm, wenn das eingesteckte Sport-T-Shirt irgendwie ein bisschen durchsichtig ist.
  6. Bis zu 90% weniger fiese oder anzügliche Kommentare. Bis zu 70% weniger Auslachen.
  7. Wenige bewegungsverweigernde „Mit-verschränkten-Armen-hinten-drin-steh“-Mädchen, da diese eher die Mädchensportkurse mit Schwerpunkt Gestalten (d.h. Tanzen) wählen.
  8. Mehr ein Niveau durch die fehlenden Jungs und den Filter der Schwerpunktwahlen.
  9. Klischeehaft eher männlich zugeordnete Verhaltensweisen (wie z.B. Kampfgeist und Rumschreien) an den Tag legen dürfen, ohne dass das irgendwer komisch findet. Ihr glaubt gar nicht, wie „männlich“ die süßen Mädels sein können, wenn die Jungs mal weg sind. (Also auf weibliche Art männlich – macht das Sinn?)
  10. Kein Paartanz mit Jungs machen müssen, mit denen man einfach nicht tanzen will.
  11. Sicher sein von der viel zu stark vertretenen Art Sportlehrer, die vor allem gerne in der Oberstufe Sport unterrichten und dann irgendwas mit Reck oder Turnen machen, um den hübschen, jugendlichen Damen Hilfestellung geben zu können. Wir als Mädchenkurs dürfen zum Glück nur Lehrerinnen kriegen.
  12. Ein kleinerer Kurs. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Umkleiden. Für jede der drei Hallen eine Jungs- und eine Mädchenumkleide. Klar, wie sich das bei einem reinen Mädchenkurs auswirkt.

So gern ich Jungs auch mag und so gern ich mit ihnen auch Unterricht habe – bei Sport braucht man sie echt nicht.

Die kleinen Weisheiten

Egal, was du kannst – es gibt immer einen Asiaten, der es besser kann.

von Großbruder, nachdem wir das Gewinnervideo eines Coverwettbewerbes gesehen haben und der Gewinner – natürlich – Asiat war.

(Warum poste ich eigentlich so viel über Großbruder?)