Anderer Kinder Eltern

„Was machst du eigentlich hier? Hast du nicht frei? Warum bist du nicht bei deiner Mama?“

Ich stelle vor: Die Art von Fragen, die mich sprachlos macht.

Hier gestellt von einer Frau in Mamas Alter mit Kindern in meinem Alter. Ich weiß, dass ihre Kinder in den Semesterferien auch nicht die ganze Zeit bei Mama auf dem Schoß sitzen, sondern lieber in der Weltgeschichte unterwegs sind.

„Warum sollte ich bei meiner Mama sein?“, frage ich also. Schön rein in die Wunde.

„Ach, wenn du in meinem Alter bist, wirst du mich verstehen.“

„Meine Mama ist da genauso entspannt wie ich.“ – Wenn nicht, sogar entspannter, füge ich in Gedanken hinzu. Sie ist nicht gerade die Kategorie Mutter, die ihre Küken am Nest fesselt. Eher die Kategorie, die ihre Küken hinaus schubst, sobald sie mit den Flügeln schlagen können. Und dann hinterher sieht, ob das mit dem Fliegen schon klappt. Hinterherspringen kann man immer noch.

„Ja, so hab ich früher auch gedacht. In deinem Alter hab ich das auch noch nicht verstanden.“

Weißt du, es gibt Kinder, die wollen nicht so werden wie ihre Eltern. Ich will vor allem nicht so werden wie anderer Kinder Eltern. Genetisch und psychologisch gesehen habe ich da ganz gute Chancen.

Unsere Eltern

Unsere Eltern.
Ach ja.
Inzwischen sind wir sprachlos geworden, sehen sie nur stumm an.

Wie viel sie doch falsch gemacht haben. Haben uns nicht so geliebt wie sie gesollt hätten, uns nicht so behandelt, wie es am besten für uns gewesen wäre. Tun sie auch immer noch nicht. Schadeten uns, sodass sie uns mit einer an manchen Stellen guten, an mancher Stellen schlechten Prägung ins Leben entlassen. Aber noch sind wir ja zu Hause.

Sie wickelten uns und fütterten uns, retteten uns heldenhaft, wenn wir nachts unsere Betten vollgekotzt hatten, brachten uns zum Kindergarten und wischten mehr oder weniger geduldig das gefühlte 8476ste umgekippte Glas auf. Sie wuschen und waschen unsere Wäsche und machen Essen, fahren uns durch die Gegend. Die ganzen Opfer, was sie alles in uns investiert haben.

Und ja, das ist alles viel und gut, und wir sind dankbar.
Aber sie wollen auch Sachen, die wir ihnen nicht geben können. Wie wir sein sollen und wie wir handeln sollen und wie und wo wir uns investieren sollen. Mehr lernen, mehr mithelfen, dankbarer sein, nicht so, sondern so, aber wir sind sechzehn, siebzehn. Wir gehen eigene Wege und ihr Mandat, in unser Leben zu sprechen, nimmt ab. Jetzt, wo wir sehen, was sie all die Jahre mit uns gemacht haben. Wo wir ihre ganzen Schwächen und Verletzungen und Verbitterungen sehen. Wo wir sauer sind, weil sie uns nicht all das gegeben haben, was gut für uns gewesen wäre, was uns zugestanden hätte – unserer Meinung nach. Wo wir ihre Ansichten sowieso intuitiv wissen. Jetzt wollen wir ihnen nicht mehr zuhören.

Wir sind sauer, schockiert, wegen dem, was wir wegen ihrer Fehler eine halbe Ewigkeit lang an schlechter Prägung mit uns herum tragen müssen. Wir schütteln den Kopf, wenden uns ab und hören auf, sie verstehen zu wollen, sie glücklich machen zu wollen, weil sie für uns nicht verstehbar sind. Die Augen gehoben suchen wir den Horizont ab nach der Richtung, in die wir gehen wollen, und spüren die Blicke unserer Eltern noch deutlich im Rücken. Manchmal ist es auch ihr Atem in unserem Nacken, zu nah, wir wollen weg, wollen raus, fort von ihren Augen und Bewertungen, Idealen und diesem ganzen Lebenssystem, in dem sie uns aufgezogen haben. Wir wollen alles besser machen und ärgern uns, weil wir jetzt schon wissen, dass das mit den Wunden, die sie uns zugefügt haben, verdammt schwer wird.

Wir wissen, dass wir nichts rückgängig machen können und unsere Eltern auch nicht, selbst wenn sie es wollen, wissen, dass wir unser Leben selbst in die Hand nehmen müssen und nicht in der Opferrolle bleiben können. Aber jetzt gerade sind wir trotzig gegenüber unseren Eltern.

Unsere Eltern, deren Eltern doch so viel falsch gemacht haben. Haben sie nicht so geliebt, wie sie gesollt hätten, sie nicht so behandelt, wie es am besten für sie gewesen wäre. Schadeten ihnen, sodass sie sie mit einer an manchen Stellen guten, an manchen Stellen schlechten Prägung ins Leben entließen. Unsere Eltern, die ihren Eltern den Rücken wandten und bei uns alles besser machen wollten, und doch stellenweise so versagt haben.

Unsere Eltern, die Respekt einfordern und Mithilfe und Gespräche und alles mögliche, und bei denen wir hin- und hergerissen sind zwischen dem Wunsch nach Nähe und dem immer stärker werdenden Bedürfnis nach Distanz, und bei denen wir nicht wissen, was wir noch gut finden. Und wir, im Zwiespalt zwischen Dank und Vorwurf, wir schauen unsere Eltern an mit all den unausgesprochenen Worten im Hinterkopf, von denen wir über die Jahre lernten, dass wir sie nicht sagen können, ohne einen großen Streit zu provozieren, schauen sie sprachlos an.

Ehre deine Eltern.

Ja, unsere Eltern.

12x wie deine Tochter dich braucht

Aus der Perspektive einer 16-jährigen Tochter und Christin möchte ich in diesem Artikel teilen, was ich denke, was eine Tochter von ihren Eltern braucht. Nicht alles geht in jeder Altersklasse, aber das werdet ihr schon merken. Dieser Artikel beruht auf dem, was ich als positiv erfahren habe und auf dem, was mir gefehlt hat, sowie auch auf dem, was ich als positiv oder negativ bei anderen beobachtet habe. An alle Eltern, besonders die, die Jesus lieben: Passt gut auf.

1. Sag ihr, dass du sie liebst.
Sag: „Ich liebe dich.“ Und: „Ich bin da für dich.“ Und: „Ich will das Allerbeste für dich.“ Und: „Du bist wertvoll“. Und so weiter. Kleine Mädchen wissen das nicht von alleine. Sie müssen das hören, wieder und wieder und wieder. Sehr simpel – also machs auch. Und dann lebe es.

2. Habe Zeit nur für sie.
Die besten Erinnerungen an meine Kindheit sind vor allem die, wo Mama oder Papa mal was nur mit mir gemacht hat. Ohne meine Geschwister. Ohne den anderen Ehepartner. Mal alle elterliche Aufmerksamkeit nur auf mich. Diese Zeiten sind so unglaublich wichtig. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie wichtig. Und ich meine damit nicht: Einmal im Jahr. Ich meine oft. Wenn sie es braucht – einmal, mehrmals die Woche. Mal was Kleines wie einen Pudding zusammen essen, und mal was Großes wie zu zweit in den Zoo fahren und nachher groß Essen gehen. Dann wird sie sich geliebt, beachtet, wichtig fühlen. Und es gibt einfach keine Ausreden, die rechtfertigen, diese Zeiten auszulassen.

3. Sei da.
Ganz ernsthaft: Sei da. Sei physisch da. Nein, es ist nicht gut, regelmäßig bis spät in den Abend außer Haus zu sein. Sei aber auch psychisch da. Du musst ansprechbar sein für deine Tochter. Die Arbeit muss warten können. Der Haushalt muss warten können. Deine Sorgen, Gedanken, Themen in deinem Kopf müssen warten können. Sei in der Lage dazu, dich gedanklich auf sie zu fokussieren. Sie ist wichtiger.

4. Sei interessiert an ihrem Leben.
Glaub nicht, du kennst sie durch und durch, nur weil sie deine Tochter ist. Interessiere dich für ihre Geschichten, ihre Fragen, ihre Probleme. Sieh ihr in die Augen. Frag sie, was sie heute erlebt hat. Frag sie nach ihren Wünschen und Träumen. Höre ihr zu. Merke dir die Sachen, und komm drauf zurück. Es ist wichtig, dass du die Initiative ergreifst und fragst. Sie möchte gefragt werden. Nur, weil sie nicht von allein zu dir kommt, heißt das nicht, dass es nichts zum reden gibt. Und, auch ganz wichtig: Lerne, ihr zuzuhören, ohne sie zu beurteilen oder zu belehren. Aber – zwinge nichts auf. Zwinge sie nicht, etwas zu erzählen, wenn sie nicht will. Gib ihr die Freiheit, zu reden und zu schweigen. Biete ihr dein offenes Ohr, deine Fragen und dein Interesse an, und verurteile sie nicht, wenn sie nicht möchte.

5. Mach ihr Komplimente.
Gerade Väter haben so oft keine Ahnung, wie wichtig für das Selbstbewusstsein eines Mädchens ihre Schönheit ist. Kleine Mädchen wollen bezaubernd sein. Sag ihr, dass sie es ist. Für jede Frau ist das ihr Leben lang ein Thema. Gib ihr so viel Fundament mit, wie geht. Gibt ihr Anerkennung und Wertschätzung. Gaaanz viel. Mach ihr Komplimente für die kleinen und für die großen Dinge. Weißt du, das Versagen eines Vaters in diesem Punkt äußert sich bei ihr nicht selten in wilden Jungs-Geschichten und Minderwertigkeit. Unterschätze das nicht.

6. Bete für sie und mit ihr.
Oh ja. Big deal. Es ist eine unglaubliche Kraft in Gebet, und als Christ weißt du das. Bitte gib ihr das weiter. Als Vater oder Mutter hast du eine geistliche Vollmacht und Verantwortung für sie, das heißt du kannst in einer Weise und einer Macht für sie beten, wie das sonst keiner kann. Außerdem wirst du sie besser kennen lernen, wenn du sie beten hörst, und sie wird Jesus durch deine Beziehung zu ihm besser kennen lernen. Es wird mehr Einheit entstehen, mehr Zusammenhalt. Und überleg mal, wie unglaublich geliebt und wahrgenommen sich deine Tochter fühlt, wenn du sie fragst, wie du heute für sie beten kannst.

7. Rede mit ihr über Gott.
Lies ihr aus der Kinderbibel vor. Diskutiere mit ihr Texte und Fragen, wenn sie älter wird. Besonders, wenn du Vater bist. Du bist der geistige Kopf der Familie und du hast die Verantwortung, deinen Kindern das Wort Gottes weiterzugeben. Das steht immer und immer wieder in der Bibel. Lass es ein normales Gesprächsthema werden. Erzähl aus der Bibel, erzähl von dir, erkläre ihr die Zusammenhänge und nutze die Gelegenheiten, die so kommen, um sie zu lehren und zu trainieren. Klammer es nicht aus. Es ist ein wundervolles Gesprächsthema. Wenn man mich lässt, rede ich fast den ganzen Tag von Gott. Und für christliche Eltern ist es das Ziel, ihre Kinder zu reifen Menschen zu erziehen, die Gott lieben, oder? So macht man das.

8. Gib Fehler zu und bitte um Vergebung.
Du bist nicht perfekt, auch wenn sie das anfangs noch denkt. Lerne, deine Tochter um Vergebung zu bitten. Entschuldige dich bei ihr. Bei kleinen und bei großen Sachen. Sag: „Ich bin nicht perfekt. Das habe ich gemacht. Das war falsch, das war Sünde. Es tut mir Leid. Bitte vergib mir.“ Wenn du das nicht tust, wird sie nicht lernen, selbst um Vergebung zu bitten. Sie wird nicht lernen, was Sünde und was Vergebung ist. Sie wird auch nicht lernen, wie sie mit ihren eigenen Fehlern umgehen soll. Jedenfalls nicht von dir. Und keine Angst, es wird ihr Vertrauen in dich nicht brechen. Es wird vielmehr wachsen, weil sie merkt: „Mama oder Papa wollen mich richtig behandeln und es tut ihnen leid, wenn sie Fehler machen. Und das, wie sie vorhin zu mir waren, war wirklich nicht das, was ich verdient habe.“ Außerdem: Je mehr sie dir jetzt schon vergibt, desto weniger Bitterkeit und Schmerz sammelt sich in ihrem Herzen, was sie später mühsam abarbeiten muss.

9. Seid Eltern.
Jap. Seid nicht Freunde eurer Tochter. Seid nicht Partner euer Tochter. Seid nicht Diener oder Herren euer Tochter. Seid auch nicht einfach Hausmitbewohner. All diese Dinge habe ich beobachtet, und sie machen die Mädchen kaputt. Sie braucht euch als Eltern. Als Mama und Papa. Als die Erzieher, Versorger, Berater, Vorbilder, Bodygards, Zuhörer, Ermutiger, Tröster, Zufluchtsorte, Nachhilfegeber, Sporttrainer, Stilberater, Chauffeure, Köche, Putzkräfte … Na, ihr wisst schon. Und all das, was ich gerade aufgezählt habe, ist sie nicht für euch. Jedenfalls nicht in erster Linie. Für euch ist sie: Tochter. Geliebtes, wundervolles Mädchen, das es in Richtung einer starken, wundervollen Frau nach Gottes Herzen zu prägen gilt. Punkt.

10. Lass nicht zu, dass sie Verantwortung für dein Leben übernimmt.
Wirf ihr nicht deswegen vor, zu lange weg gewesen zu sein, weil sie dir so große Sorgen bereitet hat. Es geht nicht um deine Sorgen, sondern um ihre Sicherheit. Wirf ihr nicht vor, dich mit ihrem Ungehorsam traurig gemacht zu haben. Frag sie nicht, warum sie dir das antut, wenn sie mit dem Rauchen anfängt. Wenn es dir nicht gut geht, geh nicht zu ihr, um dich trösten zu lassen, sonst wird sie sich für dein Wohlergehen verantwortlich fühlen. Es geht nicht um dich. Lass sie nicht ihre kleinen Geschwister erziehen, das ist dein Job. Sie hat mit ihrem eigenen Leben Verantwortung genug zu tragen, wirklich. Belaste sie nicht noch mehr.

11. Arbeite an dir und an deiner Ehe.
Kinder müssen wissen, dass zwischen Mama und Papa alles in Ordnung ist. Sichere diesen Rahmen und kommuniziere das klar. An deiner Ehe zu arbeiten heißt nicht nur (zuerst) deinem Partner und (an zweiter Stelle) dir etwas Gutes zu tun, sondern auch deinen Kindern und später Enkelkindern. Und du kannst nicht an deiner Ehe arbeiten, ohne an dir zu arbeiten. Also arbeite an dir. Deine Kinder werden dir fast alles abgucken, ob gut oder schlecht. Nochmal: Arbeite an all diesen Baustellen und sieh zu, dass du ein möglichst gutes Vorbild wirst. Und dann bete, dass der heilige Geist alles richtet, was du trotzdem kaputt machst.

12. _________
Diesen Punkt musst du selber schreiben. Werde ein Vater oder eine Mutter, die seine/ihre Tochter so gut kennt, dass er/sie diese Liste aus eigener Erfahrung immer weiter fortführen kann. Lerne deine Tochter so gut kennen, dass du weißt, was ganz speziell bei ihr noch besonders wichtig ist.

Es lohnt sich, weißt du. Unterschätze nicht, wie viel positives du deiner Tochter für ihr Leben mitgeben kannst, selbst wenn es bisher nicht so geklappt hat, selbst dann, wenn es fast schon zu spät scheint. Sie ist da, du bist da und Jesus ist da – mehr braucht es nicht.